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AGoF 124 :: Archiv Schweizerische Evangelische Frauenhilfe (SEF), ehemals Verband deutsch-schweizerischer Frauenvereine zur Hebung der Sittlichkeit (Bestand)

Identifikation
SignaturAGoF 124
TitelArchiv Schweizerische Evangelische Frauenhilfe (SEF), ehemals Verband deutsch-schweizerischer Frauenvereine zur Hebung der Sittlichkeit
Entstehungszeitraum1857 – 2004
Provenienz
Schweizerische Evangelische Frauenhilfe (Rolle: Bestandsbildner)
VerzeichnungsstufeBestand
Umfang (Lfm)

7

Umfang (Beschreibung)

A = Dachverband: 46 Schachteln

B = Sektion Bern/EFB: 20 Schachteln

C = Sektion Winterthur: 5 Schachteln

Kontext
Verwaltungsgeschichte / Biographie

A Dachverband

Inspiriert von Josephine Butler (1828-1906) und deren Eintreten für unverheiratete Mütter und gegen Prostitution, schlossen sich 1877 Frauen mit bürgerlich-christlichem Hintergrund aus Genf, Waadt, Neuenburg und Bern zusammen, um in Anschluss an einen Kongress des Britisch-kontinentalen Bundes zur Abschaffung der gesetzlich regulierten und geduldeten Prostitution (kurz Föderation genannt) auch in der Schweiz tätig zu werden. In mehreren Deutschschweizer Kantonen entstanden weitere Gruppen, die sich über das Comité intercantonal des femmes suisses pour l'oeuvre du relèvement moral (Schweizerischer Frauenbund zur Hebung der Sittlichkeit) koordinierten und Vorstösse gegen staatlich geduldete Prostitution und zur rechtlichen Besserstellung von Frauen und Mädchen unternahmen. 1901 trennten sich die zwölf Deutschschweizer Sektionen (Aargau, Appenzell AR, Baselland, Baselstadt, Bern, Glarus, Graubünden, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau und Zürich) von der Föderation und gründeten mit dem Verband deutsch-schweizerischer Frauenvereine zur Hebung der Sittlichkeit ihre eigene Dachorganisation. Diese änderte mehrmals ihren Namen: 1929 zu Schweizerischer Verband Frauenhilfe, 1947 zu Schweizerischer Evangelischer Verband Frauenhilfe, 1992 zu Schweizerische Evangelische Frauenhilfe (SEF).

Als Verbandsziele führen die frühen Statuten u. a. die "Bekämpfung der Unsittlichkeit und des Mädchenhandels" und die "Bewahrung und Rettung schutzbedürftiger Kinder und gefährdeter oder gefallener Mädchen" an. Daraus resultierte die Förderung von Anstaltsgründungen zur Unterbringung und Wiedereingliederung sozial marginalisierter Frauen und Kinder, die Schaffung von Beratungs- und Fürsorgestellen, unter dem Blickpunkt der Prophylaxe aber auch die Herausgabe von erzieherischen und erbaulichen Schriften, die Organisation von Frauen- und Mütterzusammenkünften und von Mütterferien. Mit Ausnahme der bis 1956 in Verbandsbesitz verbliebenen Frauenkolonie Ulmenhof (Ottenbach ZH) wurden solche und ähnliche Initiativen im Anstalts-, Fürsorge-, Beratungs- und Bildungsbereich von den Sektionen getragen und gemäss den lokalen bzw. regionalen Gegebenheiten weiterentwickelt. Der Verband selbst diente hauptsächlich der Vernetzung, er unternahm Vorstösse auf Bundesebene (Gesetzgebung im Zivil- und Strafrechtsbereich) und wirkte publizistisch. In den 1950er Jahren engagierte er sich stark bei der Neukonzeptionierung der Frauenstrafanstalt Hindelbank.

Als Verband war die SEF ausgeprägt föderalistisch strukturiert, die Sektionen bildeten selbständige Vereine. Um den Kreis unterstützender Personen möglichst gross zu halten, wurde ein minimaler Mitgliederbeitrag angesetzt und mit der Abgabe einer Kleinschrift ("Kollektenblatt", ab 1930 "Verbandsblatt") entgolten. Den persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern gewährleisteten die sogenannten Sammlerinnen, die die Schriften verteilten und bei Bedarf wohl zugleich als erste Anlauf- und Vermittlungsstelle von Hilfeleistungen wirkten. Der Verband war als überkonfessionelle Vereinigung gegründet worden, rekrutierte sich aber vorwiegend aus dem evangelisch-protestantischen Milieu. Nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkte sich die konfessionelle Ausrichtung. Zahlenmässig erreichte der Verband mit rund 53'000 Mitgliedern in 16 Sektionen in den 1960er Jahren einen Höhepunkt.

Doch die gewandelten gesellschaftlichen Verhältnisse sowie fortschreitende Verstaatlichung, Säkularisierung und Professionalisierung des Fürsorgewesens erzwangen sowohl auf Ebene des Dachverbands wie der einzelnen Sektionen vielfältigste Anpassungsleistungen, um sich gegen den Schwund an Mitgliedern, ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, Abonnentinnen und Finanzquellen zu behaupten und Arbeitsfelder neu und zeitgemäss zu definieren. Den Sektionen, wo der Einsatz für Projekte überschaubar und ein Erfolg vielleicht unmittelbarer erfahrbar ist, fiel solche Neuausrichtung oftmals leichter als der Dachorganisation, die trotz Strukturreformen schliesslich nicht genügend Nachwuchskräfte fand. Im September 2003 beschlossen die Delegierten aus den verbliebenen 13 Sektionen, die SEF als Dachverband aufzulösen.

B Sektion Bern/EFB

Der bernische Frauenverein zur Hebung der Sittlichkeit wurde 1886 gegründet. 1901 zählte er zu den Initianten des gemeinsamen Dachverbandes, der späteren SEF, der er bis zu ihrer Auflösung im Jahre 2003 als Sektion angehörte. Seit 1980 ist der Name Evangelische Frauenhilfe Bern in den Statuten verankert. Seit 1912 führt die EFB in der Stadt Bern eigene Heime: vorerst die Asyle Sulgenhof und Schattenhof (später Heimgarten) für obdachlose Frauen, ab 1972 sodann den Heimgarten als Beobachtungsstation für weibliche Jugendliche. Von 1944 bis 1994 betrieb der Verein zudem das Wohnheim Lindenheim. Seit den 1950er Jahren engagiert sich die EFB in der Beratungsarbeit, sie organisiert Ferienwochen, Kontakt- und Weiterbildungsangebote.

C Sektion Winterthur

Evangelische Frauenhilfe Winterthur, gegründet 1906 als Ortssektion des Zürcherischen Frauenbundes, später umbenannt in Verein für Mädchen- und Frauenhilfe Winterthur, später: Evangelische Frauenhilfe Winterthur.

Ablieferung

Dachverband: Im Juli 1988 erfolgte eine erste Ablieferung durch die damalige Verbandspräsidentin Rosmarie Tschudin. Dieses Archivgut wurde im Juni 1998 verzeichnet. Im Juli 1999 übergab Menga Sauter weitere Archivalien: Unterlagen zum Engagement der SEF im Bereich des Frauenstrafvollzugs bzw. Umbau der Frauenstrafanstalt Hindelbank. Diese Dokumente stammten aus dem Besitz von Nina Leupold-Stehlin und waren von Elisabeth Weidmann-Leuenberger aufbewahrt worden. Im Juli 2001 erfolgte wahrscheinlich eine weitere Ablieferung von Material, vermutlich seitens der Geschäftsstelle. Nachdem im September 2003 der Entscheid zur Auflösung der SEF als Dachverband gefallen war, brachte Marina Furrer im Winter 2003/04 noch vorhandene bzw. seit 1988 neu hinzugekommene Dokumente (rund 33 Schachteln) nach Worblaufen. Eine letzte Lieferung, bestehend aus Materialien der SEF-Geschäftsstelle, brachte Marlies Thöny-Grest im Juni 2004 nach Worblaufen. Sämtliches Archivgut wurde im Juni/August 2004 in die neue, gegliederte Verzeichnungsstruktur integriert.

Sektion Bern/EFB: In der Zeit nach dem hundertjährigen Vereinsjubiläum von 1986 erfolgte eine erste grössere Ablieferung von Archivgut. Es handelte sich dabei um Material, das sich bei den Vereinspräsidentinnen und im Sekretariat angesammelt hatte. Der Schriftverkehr, wie er in einzelnen Subkommissionen des Vereinsvorstands und Geschäftsbereichen (Heimbetriebe, Beratungsstellen, Sammelwesen etc.) angefallen sein dürfte, ist darin nur in Ausnahmefällen dokumentiert. Dieses Archivgut wurde derart vorsortiert, dass der in der Jubiläumsschrift von F. M. Bracher publizierte Quellennachweis nur noch teilweise zu rekonstruieren ist. Weiteres Material, u.a. auch eine Sammlung von Dokumenten zum Heimwesen, die ein früheres Vorstandsmitglied zusammengestellt hatte, übergab die Präsidentin der EFB im Herbst 2004.

Inhalt und innere Ordnung
Form und Inhalt

Dachverband: Zum Bestand zählen etliche handschriftlich angefertigte Protokollbücher, einige Manuskripte, grösstenteils jedoch Typoskripte (Protokolle, Korrespondenz) und Gedrucktes (Verbandsperiodika). Ebenso sind einige Fotoabzüge mit Aufnahmen von Repräsentantinnen und Mitgliedern des Verbands vorhanden.

Sektion Bern/EFB: Der Bestand umfasst handschriftliche Protokollbücher, zahlreiche Vortragsmanuskripte aus dem Nachlass von Martha Gerber-Ludwig, Briefverkehr von Marie Schlachter-Jakob, Vereinspräsidentin von 1913 bis 1940, aus den Jahren 1924 bis 1940, sowie vereinzelte Korrespondenz späterer Präsidentinnen. Die Jahresberichte des Vereins liegen in gedruckter, die Vorstandsprotokolle aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in vervielfältigter Form vor. Die einzelnen Arbeitszweige des Vereins, Heimbetriebe, Beratungs-, Bildungs- und Freizeitangebot, sind unterschiedlich dicht dokumentiert, zumeist in Form von Rundschreiben, vereinzelten Protokollen und Korrespondenz. Vier handschriftlich geführte Journalbücher sind zum Betrieb der EFB-Heime Heimgarten und Lindenhof in den 1940er und 1950er Jahren überliefert.

Ordnung und Klassifikation

Dachverband: Ablage und Registratur erfolgten an der Provenienzstelle wenig systematisch; Informationen über die einstige Ablage gingen zudem nach der Ablieferung bei der Vorarchivierung verloren. 1998 wurde ein Teil des Archivguts verzeichnet, mit Ergänzungen in den Jahren 1999 und 2001 (vgl. die alte Bestandesliste "Archiv SEVFH" unter A 2 : 3). Im Sommer 2004 wurde der gesamte Bestand vollständig neu und gemäss gängigen Standards für Vereinsarchive verzeichnet. Die Dokumente sind nach folgenden Kapiteln geordnet: A 1) Rechtliche Grundlagen, A 2) Darstellungen zur Verbandsgeschichte, A 3) Organisation, A 4) Tätigkeitsberichte, A 5) Protokollhefte aus der Zeit vor der Verbandsgründung, A 6) Protokolle Verbandssitzungen, Delegierten- und Generalversammlungen, A 7) Protokolle Vorstandssitzungen, A 8) Präsidium, A 9) Arbeitsausschuss, A 10) Finanzwesen: Jahresrechnungen, A 11) Finanzwesen: weitere Akten und Dokumente, A 12) Geschäftsstelle, A 13) Kollektenblatt, Verbandsblatt, A 14) Die evangelische Schweizerfrau, A 15) Unser Blatt, A 16) Unser Blatt: Redaktion und Administration, A 17) Frauen Forum, A 18) Frauen Forum: Redaktion und Administration, A 19) Arbeitsblätter, A 20) Verbandsinterne Kommunikation, A 21) Merkblätter und Broschüren, A 22) Film, A 23) Rüstzeiten, Arbeitstagungen, A 24) Freizeiten, Bibelwochen, A 25) Materialien zu einzelnen Verbandsgeschäften, A 26) Frauenheim Ulmenhof, A 27) Frauenstrafvollzug, Frauenstrafanstalt Hindelbank, A 28) Bildungsarbeit Sr. Marta Muggli, A 29) Kontakt zu den Sektionen, A 30) Kontakt zu anderen Frauenorganisationen in der Schweiz, A 31) Zusammenarbeit mit kirchlichen Behörden und weiteren Organisationen in der Schweiz, A 32) Internationale Kontakte, A 33) Varia, A 34) Doubletten, A 35) Nachtrag

B = Sektion Bern/EFB: Das Archivgut wurde wie folgt gegliedert: B 1) Rechtliche Grundlagen und Vereinsorganisation, B 2) Darstellungen zur Vereinsgeschichte, B 3) Jahresberichte, B 4) Jahresversammlungen, B 5) Comité/Vorstand, B 6) Vereinspräsidium, B 7) Subkommissionen des Vorstands, B 8) Vereinsfinanzen, B 9) Sammelwesen, B 10) Kontakt zu Bezirksvertreterinnen, B 11) Sekretariat, B 12) Besinnungstage/Arbeitstagungen für Mitarbeitende, B 13) Heimwesen allgemein, B 14) Asyl Sulgenhof, B 15) Asyl Schattenhof bzw. Heimgarten, B 16) Wohnheim Lindenheim, B 17) Vortragsdienst, B 18) Beratungsstellen, B 19) Freizeiten, B 20) Rüstzeiten/Tagungen, B 21) Mitternachtsmission, B 22) Laienhelfer im Sozialwesen (Einführungskurse), B 23) Eingaben an Behörden und weitere Vereinsaktivitäten, B 24) Kontakt zum Dachverband SEF, B 25) Kontakt zu SEF-Sektionen, B 26) Kontakt/Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, B 27) Merkblätter und Broschüren, B 28) Nachlass Martha Gerber-Ludwig, B 29) Varia, B 30) Kopierte Dokumente aus anderen Archiven

Sachverwandte Unterlagen
Publikationen

Bracher, Franziska Maria: Aus der Geschichte der Evangelischen Frauenhilfe Bern 1886-1986. Bern 1986.

Anmerkungen
Allgemeine Anmerkungen

Abkürzungen:

  • AGEB = Arbeitsgemeinschaft für evangelische Erwachsenenbildung in der Schweiz
  • ARGEF 2001 = Arbeitsgemeinschaft Frauen 2001
  • BSF = Bund Schweizerischer Frauenorganisationen
  • EFB = Evangelische Frauenhilfe Bern
  • EFS = Evangelischer Frauenbund der Schweiz
  • FIZ = Dritte Welt - Frauen-Informationszentrum Zürich
  • FZB = Frauenzentrale des Kantons Bern
  • IG FKS = Interessengemeinschaft FrauenKirchenGruppierungen der Schweiz
  • OeFChFE = Oekumenisches Forum christlicher Frauen in Europa, Schweizer Zweig
  • OeRK = Oekumenischer Rat der Kirchen
  • SEK = Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund
  • SGF = Schweizerischer Gemeinnütziger Frauenverein
  • SKF = Schweizerischer Katholischer Frauenbund
  • SWO = Swiss Welfare Office for Young People, London
  • VChkFVS = Verband Christkatholischer Frauenvereine der Schweiz
  • VFJM = Verein der Freundinnen junger Mädchen (ab 1999 umbenannt in Compagna)
  • ZEWO = Zentralauskunftsstelle für Wohlfahrtsunternehmungen, Zürich
  • z.H.d.S. = zur Hebung der Sittlichkeit
Verzeichnungskontrolle
Permalink

Inhalt

 
Signatur Titel Datum Verzeichnungsstufe Sonstiges
Dachverband 1857 – 2004 Klasse
Sektion Bern: Evangelische Frauenhilfe Bern (EFB) 1877 – 2004 Klasse
Sektion Winterthur ohne Datum Klasse
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